Baugeschichtliches
Am 21. November 1937 beschloss die Urversammlung der Gemeinde den Bau einer neuen Kirche auf dem so genannten „Grossen Kirchenboden“. Mehrere Gründe führten zu diesem Entscheid: Einerseits erwies sich das alte Gotteshaus als zu klein, andererseits wäre eine Renovation zu kostspielig gewesen. Am 28. August 1939 konnte die neue, grosse und einladende Pfarrkirche feierlich durch Bischof Dr. Viktor Bieler eingeweiht werden. Es ist dies bereits die fünfte Pfarrkirche in Saas-Grund.
Den Plan der Kirche, die im Schiff 500 Sitzplätze aufweist, entwarfen die nach Siders ausgewanderten Saaser Architekten Markus und Donat Burgener (Vater und Sohn). Der Kostenvoranschlag betrug Fr. 280‘000.--. Dank der wohlwollenden Vermittlung von Subventionen durch Staatsrat Karl Anthamatten, Burger von Saas-Grund, und der opferwilligen Unterstützung seitens der Grunder Pfarrkinder konnte die grosse Schulenlast recht zügig abgetragen werden.
Die Architekten versuchten, die Pfarrkirche in ihrem äusseren Aufriss der gebirgigen Gegend anzupassen. Der Kirchturm in Form eines Campanile sollte an die alte Verbundenheit des Saastales mit dem benachbarten Valle Anzasca erinnern.
Die Ausführung des grossen Bauwerkes besorgten die Unternehmer Gottfried Pianzola, Brig, Quirin Zurbriggen, Saas-Grund sowie Alois Zurbriggen, Saas-Almagell.
Die Kirchenfenster, ausgeführt von P. Chiara & Fils, Lausanne, bergen in ihren abgestuften Tönen ein eigenes Geheimnis in sich: Das Alpenglühen im oberen Teil kündet das ewige Leben, das Gott schenken will; das erwachende Talgrün in der Mitte will Hoffnung vermitteln auf dem irdischen Lebens- und Leidensweg, den F. Ribas, Lausanne, im Kreuzweg ganz unten farbenfroh schildert. Mit grosszügigen Gaben der zehn Familiengeschlechter von Saas-Grund konnten die eindrucksvollen Kirchenfenster finanziert werden.
Offensichtlich waltete Gottes Schutz über dem Bau der Kirche, denn es war kein bedeutender Unfall zu verzeichnen. Gott, dem Herrn, sollte dieses Werk geweiht sein, wie es die Worte über dem Hauptportal der Kirche verkünden: SOLI DEO HONOR ET GLORIA – Gott allein sei Ehre und Herrlichkeit!
Die Gemälde am äusseren Kirchenportal – sie zeigen den hl. Bernhard von Menthon und den hl. Nikolaus von Myra – , die Bemalung des Chorbogens, in dessen Mitte ein gotisches Kreuz hängt, besorgten die beiden Walliser Künstler Emil Aufdenblatten, Zermatt, und Edmund Imboden, Visp/Herbriggen. Sie wurden in ihrer Arbeit unterstützt vom Kunstmaler Lipinsky aus Rom.
Für die Ausstattung des Innenraums verwendete man die drei barocken Altäre aus der alten Kirche wieder. Sie wurden durch die Firma Franscini & Lorenzetti, Locarno, komplett aufgefrischt.
Hochaltar
Der prachtvolle Hochaltar zu Ehren des hl. Bartholomäus stammt aus dem Jahr 1710. Gemäss Aussagen des oberitalienischen Historikers Tullio Bertamini wurde der Altar von dem berühmten Holzschnitzler und Maler Maestro Giulio Gualio von Antronapiano (1632 – 1712) angefertigt. Nebst den Altären in der Kirche von Antronapiano hat die Schule von Gualio noch zahlreiche weitere Werke in verschiedenen Kirchen des Piemonts hinterlassen.
Um ihm die Gestalt eines prächtigen Hochaltars zu geben, der die Seitenaltäre überragt, wurde er in der Zeit der dritten Kirche (1687 – 1828) aufgestockt und so in seiner Höhe praktisch verdoppelt. Bei einem Besuch am 2. Oktober 2008 in Saas-Grund hat der Historiker Bertamini die am Hochaltar zusätzlich eingebauten Teile vor Ort gezeigt und nachgewiesen.
Im unteren Teil des Altars finden sich nun vier versilberte Holzbüsten neueren Datums, die von links nach rechts den hl. Gorgonius, die hl. Demetria, die hl. Julia und den hl. Parminius darstellen.
In der Mitte des Altars befindet sich eine liebevoll ausgearbeitete Darstellung des Letzten Abendmahls. Auf den Tischen, um die Jesus und die Apostel sitzen, erblicken wir Messer, mit Trauben und Brot gefüllte Teller sowie Weinkrüge in Form alter Walliserkannen.
Vom Betrachter aus rechts davon steht eine gotische Statuengruppe aus dem 14. Jahrhundert, die die Anbetung der Heiligen Drei Könige darstellt. Auf der anderen Seite eine Gruppe aus derselben Epoche, die Krönung Marias wiedergebend.
Weiter oben steht im Zentrum der Kirchenpatron, der hl. Apostel Bartholomäus. Als Zeichen seines Martyriums – ihm wurde bei lebendigem Leib die Haut abgezogen – trägt er seine Haut über dem linken Arm; in der rechten Hand hält er das Messer.
Auf dem Gesims, das sich hinter dem hl. Bartholomäus hinzieht, erkennen wir auf dem äusseren linken Rand den hl. Mauritius und auf dem äusseren rechten Rand den hl. König Sigismund.
Der Altar wird nach oben mit einer Art Kuppel, die durch die Darstellung der Apostel geziert ist, abgeschlossen. Auf ihrer Spitze steht der auferstandene Christus.
Muttergottesaltar
Der Altar auf der linken Seite ist Maria, der Rosenkranzkönigin, geweiht. Sie ist umgeben mit 15 Medaillons, die die Geheimnisse des freudenreichen, schmerzhaften und glorreichen Rosenkranzes darstellen. Auf dem Giebel stehen die Statue des hl. Apostels Petrus (links), bekleidet mit der Tiara als Zeichen der Papstwürde, gegenüber die Statue des hl. Nikolaus von Myra.
In der Mitte des oberen Altarteiles ist das Martyrium des hl. Sebastian dargestellt: Er wurde von Pfeilen durchbohrt. Vom Betrachter aus rechts ist der hl. Erzengel Raphael zu sehen. Sein Pendant auf der anderen Seite stellt den hl. Erzengel Michael dar. Dazu gesellen sich mehrere Puttenengel. Nach oben wird der Marienaltar durch den hl. Bischof Theodul, den erstbekannten Bischof des Wallis (4. Jh.), abgeschlossen.
Antoniusaltar
Der rechte Seitenaltar ist dem hl. Mönchsvater Antonius von Ägypten geweiht und stammt aus dem Jahre 1698. Rechts und links wird der Wüstenvater flankiert vom hl. Antonius von Padua und dem hl. Josef, dem Nähr- und Pflegevater Jesu. Beide tragen das Jesuskind auf ihrem Arm. Oben auf dem Gesims stehen von links nach rechts die Statuen des hl. Apostels Petrus, des hl. Völkerapostels Paulus und des hl. Stephanus, des ersten Märtyrers der Kirche. Auch hier werden die beiden seitlichen Statuen von Putten begleitet. Zuoberst am Altar erblickt man die Darstellung von Gottvater.
Kanzel
Die Kanzel, auf der man früher predigte, zeigt auf ihrem Dach Mose mit den Gesetzestafeln, umgeben von den vier Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes. Die Kanzel selbst ist durch vier Puttenengel verziert.
Altar der Heiligen Familie
Zuhinterst in der Kirche steht auf der linken Seite (wenn man hereinkommt) in einer Seitenkapelle ein kleiner Altar aus dem Jahre 1724. Dieser schmucke Altar stellt in der Mittelnische die Heilige Familie dar. Über ihr wurden von links nach rechts die hl. Katharina von Alexandrien (zweite Patronin des Wallis), die hl. Maria, Mutter Jesu, und die hl. Barbara platziert. Nach oben hin wird der Altar ebenfalls durch eine Darstellung von Gottvater abgeschlossen.
In dieser Seitenkapelle steht auch das ganz aus Tuffstein hergestellte gotische Taufbecken von 1684 mit eiserner Gitterstabtür (unten) und mit der figürlichen Darstellung der Taufe Jesu durch Johannes den Täufer (Nische oben). An diesem Taufbecken wurden während zwei Jahrhunderten alle Kinder des Saastales getauft und so zu Kindern Gottes auserwählt und in die Gemeinschaft der katholischen Kirche aufgenommen.
Neue Orgel
Die alte Orgel, die während den verschiedenen Kirchenbauten ständig erweitert wurde, setzte plötzlich am zweiten Fastensonntag 1988 aus. Sogleich beschloss der Kirchenrat die Anschaffung einer neuen Orgel. Diese wurde 1991 durch die Firma Späth, Rapperswil eingebaut und am Kirchweihsonntag desselben Jahres eingeweiht.
Die Orgel ist ein zweimanualiges Instrument, d.h. es sind zwei Klaviaturen mit je 56 Tasten vorhanden. Das sogenannte Hauptwerk beinhaltet 720 Pfeifen, das Schwellwerk 664 und das Pedal 180 Pfeifen. Dies bedeutet, dass dieses Musikinstrument über total 1564 Pfeifen verfügt.
Je nachdem wie der Organist/in diese kombiniert, erklingt die Orgel leise, sanft oder stark wie ein Orchester.
Die Orgel fügt sich nahtlos ins Kirchengebäude ein, strahlt auch mit seinem fünftürmigen Eichholzgehäuse Harmonie aus, ohne dabei das dahinterliegende Rundfenster zu verdecken und Lichteinfall zu brechen.